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Simonsschrein

Das Hochmittelalter war eine Zeit inbrünstiger Reliquienverehrung. Es war deshalb von großer Bedeutung, dass der Sayner Abtei 1204, kurz nach ihrer Gründung, eine Reliquie geschenkt wurde. die als der Arm des Apostels Simon verehrt wurde. Der Spender war Bruno von Sayn, Propst in Bonn, ab 1205 Erzbischof von Köln, Bruder des Grafen Heinrich II., des Stifters der Abtei. Um 1220 ließen die Prämonstratenser-Chorherren von Sayn ein würdiges Behältnis für die Reliquie anfertigen, einen hausförmigen Schrein, in dessen Dach- und Seitenflächen Fenster mit geschliffenem Bergkristall eingelassen wurden (Abb. 1+2). Diese sind umrahmt von gestanzten oder ziselierten Verzierungen, gegossenem und ziseliertem Blattwerk und (Halb-)Edelsteinen. Doch nicht alles ist Gold. was glänzt. Der Schrein besteht nämlich aus Holzstäben, die mit Kupferblech beschlagen sind, das hauchdünn mit aufgedampftem Gold bedeckt ist. An den Giebeln befinden sich aus Kupfer getriebene, vergoldete Halbfiguren von Engeln (Abb. 3+4). 

Die Reliquie wurde bald Ziel von Wallfahrten. Besonders am Kirchweihfest, dem 4. Sonntag nach Ostern, und am Sonntag darauf kamen zahlreiche Pilger nach Sayn. Noch heute wird der Schrein am Kirmessonntag auf den Altar gestellt und geöffnet und kann von den Gottesdienstbesuchern betrachtet werden. 1742 erreichte Prior Godefried Geller eine Wiederbelebung der Wallfahrt. Der Schrein wurde tiefgreifend umgestaltet, und das von Geller verfasste Wallfahrtsbüchlein ist ein wertvolles Dokument der Frömmigkeitsgeschichte.
Eine alte Wetterregel, die weithin im Westerwald und in der Eifel bekannt war, lautete: „Es wird nicht eher warm, bis gezeigt wird Simons Arm.‘‘

Die Bedeutung des Schreins als Kunstwerk wird u. a. dadurch deutlich, dass er seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ein sehr begehrtes Objekt für Kunstausstellungen ist (z. B. mehrmals in Köln, dann in Brüssel, Dijon, Stuttgart, Trier u. a.). Im Aachener Domschatz befindet sich eine 1872 angefertigte originalgetreue Kopie des Sayner Schreins. Seine hervorragende Stellung in der Schatzkunst wurde 2014 bei einer großen Ausstellung in der Schatzkammer des Kölner Doms betont. Wolfgang Schmid nennt ihn gar in seinem ganz dem Simonsschrein gewidmeten Werk 2019 ein „Schlüsseldokument in der Geschichte der Goldschmiedekunst.“ Diese Aussage ist Resultat jahrelanger Forschung, aufwendiger Restaurierung und eines großen vom Bistum Trier veranstalteten Symposions mit den an der Arbeit beteiligten Fachleuten. 

Heute wird der Schrein, durch Panzerglas gesichert, im Hochaltar gezeigt. In früherer Zeit wurde er hinter einem Fenster an der rechten Seite des Chorraumes, das zur „alten Sakris- tei“ im ersten Stock führt, aufbewahrt. Die Maueröffnung entspricht genau der Größe des Schreins. Das Fenster kann von innen durch eine kleine hochklappbare Tür verschlossen werden. Die schmiedeeisernen Beschläge, die im 18. Jahrhundert, also zu der Zeit, als Geller die Wallfahrt reaktivierte, entstanden sein könnten, waren lange Zeit nicht sichtbar, weil die Klappe umgelegt war und wie ein Bodenbelag erschien.


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