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Die Selige Regina Protmann (1552-1613) und der Sayner Simonsbrunnen
Zum 400. Todestag der Gründerin der Katharinenschwestern

Sie können den Bericht auch downloaden: Selige Regina Protmann

Seit August 1983 steht hinter der Abteikirche, neben dem alten Brunnenhäuschen, ein von Ermländern gestifteter neuer Brunnen aus Basalt mit einer Sechsecksäule, die eine Statue des Apostels Simon trägt. Der Rand der Brunnenschale zeigt ein Reliefbild von Regina Protmann mit den Lebensdaten 1552-1613, darüber ihren Wahlspruch „Wie der liebe Gott will“, links daneben die Bischofskirche von Ermland in Frauenburg (heute Frombork), rechts ein Kreuz. Andere Felder zeigen das Wappen des Bistums Ermland, ein Osterlamm mit einer Fahne, sowie die Reliefs der heiligen Elisabeth und der Witwe von Sarepta aus dem Alten Testament, die, selbst dem Verhungern nahe, den Propheten Elia zu essen gab.

Etwa 500 Wallfahrer, Ermländer, die in verschiedenen Teilen Deutschlands
wohnten, kamen am 3. und 4. September 1983 nach Sayn, um den 400.
Gründungstag des Ordens der Katharinenschwestern zu begehen und an der
Einweihung des aus ihren Reihen gestifteten Brunnens teilzunehmen. Es war
der Auftakt einer Reihe von Ermländer-Wallfahrten, die nach Sayn führten.
Die 1552 in Braunsberg (heute Braniewo) im ostpreußischen Ermland geborene
Kaufmannstochter Regina Protmann verließ mit 19 Jahren das behütende
Elternhaus, um mit zwei Gefährtinnen ganz für Gott und den Nächsten zu
leben. Viele junge Frauen schlossen sich ihnen an. 1583 wurde ihre
Ordensregel vom zuständigen Bischof in Frauenburg bestätigt, obwohl ihr
Wunsch, außerhalb des Klosters Krankenpflege auszuüben und von ihrer Hände
Arbeit zu leben, von vielen missbilligt wurde. Sie gingen damit einen anderen
Weg als die Orden, die streng abgeschieden lebten. Doch sie wollten sich nicht
in äußerer Tätigkeit verlieren; Triebfeder ihres Tuns waren Gottesliebe und das
Bemühen um die Ausbreitung seines Reiches. Sie wollten Werkzeuge Gottes
sein, indem sie z.B. in häuslicher Krankenpflege, Krankenhäusern und Schulen
tätig wurden. Regina Protmann starb am 18. Januar 1613, also vor genau 400
Jahren. Sie lebte also zur Zeit von Reformation und (katholischer)
Gegenreformation, in der sehr oft die Suche nach der „rechten Lehre“ vom
Kampf um politische Macht überlagert wurde, auch im Ermland, dessen
Fürstbischof sich inmitten des protestantisch gewordenen Landes des
Deutschen Ritterordens behaupten wollte. Dabei half ihm die Tatsache, dass
das Ermland seit 1466 unter der Lehnshoheit des polnischen Königs stand.
Als das Ermland 1772 an Preußen fiel, waren die konfessionellen Verhältnisse
so weit gefestigt, dass die „katholische Insel“ in Ostpreußen bis zur Vertreibung
ihrer deutschen Einwohner 1945 bestehen bleiben konnte. 102 Katharinen-
schwestern fanden damals den Tod, 420 kamen nach Westdeutschland, wo sie
in Münster eine neue Ordensprovinz gründeten. Polnische Schwestern
gründeten in Braniewo eine neue ermländische Ordensprovinz. Die Zentrale
des Ordens wurde 1951 nach Rom verlegt. Von dort aus war es leichter, die
Grundlage für Verständigung und Koordination der Arbeit über Grenzen
hinweg zu schaffen. Inzwischen arbeiteten fast 1000 Schwestern in Brasilien,
Deutschland, Finnland, Italien, Litauen, Polen, Russland, Weißrussland und
Togo.

1961 erfolgte die erste Initiative zur Seligsprechung Regina Protmanns, die in der Folge auch von der polnischen Bischofskonferenz befürwortet wurde. 1999 hat Papst Johannes Paul II. bei seinem Polenbesuch in Warschau Regina Protmann zusammen mit polnischen Märtyrern des NaziRegimes seliggesprochen. So verbindet diese Frau heute Polen und Deutsche. Am 25. Oktober 2012 besuchte eine Gruppe der Niederlassung der Katharinenschwestern in Daun die Sayner Abteikirche. Sie knüpften an die Wallfahrten der Ermländer nach Sayn in den 1980er-Jahren an. Anlass war das 50-jährige Ordensjubiläum von Schwester Maria Goretti, die sich gewünscht hatte, Sayn zu besuchen, weil dort an Regina Protmann erinnert wird. Die Gäste aus Daun berichteten, dass inzwischen viele Ermländer, auch
ihre Kinder und Enkel, die alte Heimat besuchen und dort freundlich empfangen werden. Was die polnischen und die deutschen Bischöfe vor 50 Jahren beim Konzil begonnen haben, als sie sich gegenseitig um Vergebung für geschehenes Unrecht baten, ist inzwischen zu Verständigung, oft auch Freundschaft zwischen zwei Völkern geworden, zwischen Polen und Deutschen. Die Selige Regina
Protmann, die Heiligen Hedwig von Schlesien, Edith Stein und Maximilian Kolbe helfen, mehr das Verbindende als das Trennende zwischen unseren Völkern zu sehen. Wie könnte sich sonst unsere Kirche „katholisch“, das heißt allgemein, alle betreffend, nennen?

Dietrich Schabow


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