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Der Kreuzgang und das Brunnenhaus

Zu einem größeren Kloster gehörte in der Regel ein Kreuzgang. Dieser lag fast immer – wie in Sayn – an der Südseite der Kirche. Im Jahre 1202 wurde die Abteikirche geweiht, um 1230 entstanden die vier Flügel des Kreuzgangs, zu dessen Westflügel ein Brunnenhaus mit einem zweischaligen Brunnen gehört. (Abb. 1) 
Der Kreuzgang umschloss den Kreuzhof. Nach der Aufhebung der Abtei (Säkularisation 1803) wurden drei Flügel entfernt; nur der westliche Flügel, der in den Konventsbau (die spätere Volksschule) integriert war, blieb erhalten.

Die vier Flügel waren so angelegt, dass man von ihnen aus die einzelnen Gebäude und Räume des Klosters, vor allem die den Mönchen (Chorherren) vorbehaltene Klausur, erreichen konnte. Ein rechteckiger Vorbau ragt vom Kreuzgang in den Kreuzgarten hinein. Er umschließt ein quadratisches Haus für den Brunnen und daneben, durch eine Wand getrennt, für ein Treppenhaus, das früher zur Bibliothek in den ersten Stock führte. Der Brunnen lag nahe beim Refektorium, dem Speisesaal, und diente an dieser zentralen Stelle der Versorgung der Abtei mit frischem Wasser zum Trinken und zum Händewaschen. 

Der zweistufige Brunnen verrät durch seine spätromanische Form und seine Dekors, dass er aus der Entstehungszeit des Kreuzgangs stammt. Er ist 2,20 m hoch und wird von einem Pinienzapfen (Abb. 2) bekrönt, aus dessen Spitze das Wasser herausquillt und in die obere, die kleinere Schale fällt. Deren 21 cm hoher Rand ist mit Palmetten (Abb. 3), stilisierten Palmwedeln, geschmückt, die an Blüten erinnern. 
Die untere Schale ist in sechs Kreissegmente aufgeteilt, die je einen muldenförmigen Waschplatz bilden. Das Wasser konnte bis auf die Höhe der außen angebrachten sechs aus dem Stein herausgehauenen Wasserspeier steigen, die maskenartige Köpfe (Abb. 4) darstellen. Diese Köpfe, aus deren Mund früher das Wasser aus etwa einem Meter Höhe auf den Boden floss, bilden die Kapitelle der sechs Säulen, die die Schale umgeben. 

Als das Kloster aufgelöst war, verfielen die nicht mehr von Mönchen bewohnten Gebäude. Der Kreuzgang blieb weiterhin als Verbindung zwischen Pfarrhaus und Kirche erhalten. Der Brunnen wurde abgebaut, aber seine Teile lagen viele Jahre unbeachtet auf dem Gelände. Die Bezirksregierung erlaubte einem Lehrer, in dem Brunnenhaus einen Stall einzurichten. Zwei Kloben in der Mauer (Abb. 5) erinnern an die Stalltür, die einmal dort eingehängt war. 

1857 wurde man auf die Bedeutung der Abteikirche und ihres Kreuzgangs aufmerksam. Zwei Jahre später wurde der Brunnen wiederaufgebaut, unter Erneuerung der inzwischen verloren gegangenen oder zu sehr beschädigten Teile. So wurde der Brunnen vor der Kirche aufgebaut (Abb. 6). Es war gar nicht die Rede davon, den Brunnen wieder an seinen ursprünglichen Platz zu bringen. Erst Anfang der 1880er-Jahre wurde der alte Stall entfernt. Aber es dauert noch einmal mehr als vierzig Jahre, bis 1924 unter einer Kalkschicht die 200 Jahre lang versteckten mittelalterlichen Malereien (Abb. 7+8) wiederentdeckt wurden und anschließend der gesamte Kreuzgang mit dem Brunnenhaus restauriert wurde. Zuletzt kam 1928 der Brunnen wieder an seinen richtigen Platz. Fast siebzig Jahre später war erneut eine gründliche Restaurierung erforderlich (Abb. 9).


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