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Pfarrer Martin Boos (1762-1825)

Martin Boos, Pfarrer von Sayn 1819-1825 (Abb. 1), ist vor der Alten Friedhofskapelle begraben, wo noch heute die Gräber von Sayner Pfarrern des 19. Jahrhunderts liegen. An ihn erinnert die hier angebrachte gusseiserne Gedenktafel aus der Sayner Hütte, die aus Anlass seines 100. Geburtstages aufgestellt. Heute hängt sie an der Rückwand der restaurierten Friedhofskapelle (Abb. 2). Sie trägt folgende Inschrift: "Hier ruht der Pfarrer/ Martin Boos/ geb. den 23ten December/1762/ zu Huttenried/ in Ob Baiern/ gest. d. 29ten August/ 1825 in Sayn/ Der Gerechte aber lebt aus dem Glauben. Röm. 1.17/ Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben. Apo. 14, V.13/ 1961."

Wer war dieser Mann, dessen Name für den 29. August unter den "Evangelischen Tagesnamen und Festtagen" verzeichnet ist? 1786 zum Priester geweiht, erlebte Martin Boos nach harten Bußübungen seine "Erweckung", die ihn veranlasste, in "Christus für uns – Christus in uns" den Gedanken der Rechtfertigung allein aus dem Glauben im Einklang mit der Lehre Luthers, aber unbabhängig von diesem, in die katholische Kirche zu bringen. Sein Wirken rief die sog. Allgäuer Erweckungsbewegung hervor, die sich in weiten Teilen Süddeutschlands und Österreichs verbreitete.
Boos musste sich schweren innerkirchlichen Angriffen, Untersuchungen und Anklagen stellen, obwohl er auch von maßgeblicher Stelle, u. a. von Johann Michael Sailer, dem späteren Bischof von Regensburg, Unterstützung fand. Er musste seine Heimat verlassen und fand 1817 Anstellung als Religionslehrer in Düsseldorf und 1819 als Pfarrer in Sayn, wo er bis zu seinem Tode 1825 wegen des großen Verständnisses, das ihm der Trierer Bischof von Hommer entgegenbrachte, fast unangefochten lebte.
Es ist überliefert, wenn Boos gepredigt habe, seien Mitglieder der Herrenhuter Brüdergemeine des Öfteren von Neuwied in großer Zahl nach Sayn gekommen. Als er sein Ende nahen fühlte, ließ er den Pfarrer der Brüdergemeine zu sich rufen, und ein Mitglied der Gemeine pflegte ihn. An seinem Sterbelager stand auch Anna Jacobi, die Tochter des Dichters Matthias Claudius, eines der bedeutendsten evangelischen Kirchenliedautoren.
Der Kreis um Martin Boos war eine frühe ökumenische Bewegung, für die wohl die Zeit noch nicht reif war. Boos betonte stets mehr das die Konfessionen Verbindende als das sie Trennende; und im Gegensatz zu seinem Freund Johannes Goßner, der 1825 evangelischer Christ und später bedeutender Prediger in Berlin wurde, verließ er seine Kirche nicht. Goßner widmete ihm eine umfangreiche Biographie (Abb. 1). Martin Boos beantwortete die Frage nach der Rechtfertigung und Heiligung des Menschen, die schon in der Reformation des 16. Jahrhunderts die Schicksalsfrage gewesen war, an der die Einheit der abendländischen Christenheit zerbrach, in einer Weise, die heute in den christlichen Konfessionen so gut wie unbestritten ist.


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