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Herkunft des Namens „Sayn“

Aus der früheren Namensgleichheit der Seine in Frankreich und des Saynbaches, der früher oft „Seyne“ geschrieben wurde, schließt Reiffenberg, dass der Namensgeber für diesen Bach ein Auswanderer aus Gallien, also aus dem heutigen Frankreich, gewesen sei, der in heimatlicher Verbundenheit den Namen des Flusses, von dem er kam, auf den in seinem neuen Zuhause übertrug.

Zur Unterstützung seiner Behauptung zitiert Reiffenberg eingangs wieder Tacitus, der Gallier und Germanen schon in der Antike als Nachbarn bezeichnet, die nur durch den Rhein getrennt sind.

Für einen Schreibfehler hält Reiffenberg das Wort „Syne“ als ursprünglichen Namen für Sayn; daraus zieht der Autor der Nassauischen Familiengeschichte den - dann entsprechend - falschen Schluss, dass es sich bei Syne um einen Ort der Sühne handle, an dem ein im Krieg gegen die Mauren in Spanien erprobter Ritter namens Friedrich, des Soldatenlebens müde, hier einen Ort der Sühne im - damals weiteren - Sinne von Frieden und Muße für sich gewünscht bzw. gefunden und entsprechend benannt hat.

Der Abschnitt schließt mit einem kurzen Ausblick in die Familiengeschichte des Sayn’schen Grafengeschlechtes nach Friedrich von Nassau.

Folgendes steht gleichsam wie ein Fundament fest, da es hinreichend bekannt ist: Ganz Germanien war einst von den Galliern, Rätiern und Pannoniern durch den Rhein und die

Donau[13], von den Sarmaten und Dakiern[14] durch die wechselseitige Furcht oder durch die Berge getrennt. Deshalb hatten die Römer wegen der Rheingrenze große Sorge, so dass allein Drusus entlang des Rheinufers über 50 Kastelle anlegen ließ. Des Weiteren ließ er jenes fruchtbare und schön gelegene Zehntland kultivieren, das von Bendorf durchgehend nach Neuwied verläuft und das den römischen Wachposten, d.h. dem Land zwischen Andernach und Koblenz, benachbart ist und einst von den Galliern bebaut wurde.

[Deswegen] konnte ich kaum zweifeln und bin zu der Annahme gekommen, dass etwa um diese Zeit irgendein Gallier, der [vorher] an der Seine wohnte, gekommen ist und zur Erinnerung an seinen heimischen Fluss diesen Bach, der sich in recht großen Windungen durch die Talniederung zwischen steilen Bergen hindurchwindet,  dann ungefähr 500 Doppelschritt [750m] unterhalb der Stadt Sayn[15] um einen anderen, [nämlich] den nicht viel kleineren Brexbach, vermehrt wird und wenig oberhalb der Stadt Engers in den Rhein fließt, nach dem Namen der Seine benannte. Die Franzosen nennen ihren Fluss noch heute in ihrer Sprache „la Seyne“.

Janus Deusa[16] schreibt übrigens in einer Randnotiz zum 6. Buch der Holländischen Annalen dazu Folgendes: Sie [, die Einwanderer,] übernahmen die neuen Gebiete nach ihrer Sitte und Gewohnheit, d.h. in ihrer durchaus anders gewohnten Art, und pflegten dabei vor allem darauf zu achten, dass sie mit den von ihrem Herkunftsland vertrauten Begriffen, die sie also von zu Hause her kannten, die Flüsse, Burgen, Dörfer, Städte und ländlichen Siedlungen, in den nun von ihnen in Besitz genommenen Gebieten benannten und bezeichneten.

Es könnte den Anschein haben, dass der Verfasser der Nassauischen Familiengeschichte[17] jedoch diese meine Vermutung anficht; darin sagt er (S. 52) Folgendes in deutschen Worten[18]: „Friederich ist jung in Spanien nach der Ritterschaft gezogen, dass er dieselbe wegen seiner Tugend und Dapfferkeit Verdiente und Erwarbe da der dann lang zu Feldt gegen die Moraner oder Mohren gelegen. Er Ihme Vermählt Sigeth, Edelen Princen, Graffen Walthers von Blians Dochter; der ist ein Anfänger der Graffschaft Syne, hat auch seiner Mutter Wapen darahn gehangen, und das schloss Syne geheißen, darumb, dass Er sein Leben hinführo in frieden wolle zubringen, deswegen man Ihnen und seinen Nachkommen die Graffen von Syne geheissen; seine Gemahlin hat Ihme einen sohn, Walther genandt, von welchem alle Graffen von Syne herkommen seyndt,) gebohren etc."

Ich bin mir hinreichend sicher, dass dort nämlich "Seyne" oder "Sayn" statt "Syne" gelesen werden muss, wie man dies etwa auch in früherer Zeit geschrieben findet, da ich niemals von irgendeiner Familie oder einer Grafschaft gelesen oder gehört habe, die den Namen "Syne" trug.

Aber weder ficht der genannte Autor meine Meinung an, noch widerspricht er sich, wenn er (Seite 51) sagt, dass Dietrich von Nassau (der der Onkel des erwähnten Friedrich gewesen ist) bereits damals Dietburga, eine Tochter des Grafen von Sayn, als Gattin gehabt habe. Der von dieser geborene Dietrich sei nach der Hochzeit mit einer gewissen Palatina von Vallois, aber vor dem Vollzug der Ehe gestorben. Andere nennen die Familie, [aus der die Frau stammte,] Vallay und Phallay. Lymnoeus[19] leitete in [seinem Buch] "De iure publico" (Bd. II, Buch 5, Kap. 4) [die Abstammung] von Karl dem Großen und den Herzögen von Bayern her.

Mir scheint es - mit Verlaub - wahrscheinlicher, dass der Autor dieser Familiengeschichte durch die Ähnlichkeit des Namens getäuscht wurde und jene [Frau] von Vallois eher von einer Familie abstammte, der einst die benachbarte Herrschaft über Valler gehörte, die bis heute für ihren Teil zu den Sayn-Wittgensteinern gehört und dass sie die Frau von daher zufällig von "Vallaw" oder "Valleraw“ genannt wurde, wie das bis heute bestehende Territorium in jenem genannten Herrschaftsbereich [heißt].

Bis heute sind allerdings die Reste von zwei Burgen zu sehen: Ich möchte annehmen, dass Dietburga die Erbin der älteren Burg, die allgemein „die alte Burgh" genannt wurde, gewesen ist. Diese alte Burg stand ungefähr 1000 Doppelschritte [1,5km] oberhalb der jüngeren Burg, d.h. dort, von wo der Bergkamm, der den Brexbach wie mit einem Arm zu berühren scheint, ins Tal auszulaufen beginnt. Außer Gräben, die in den Felsen geschnitten sind, zeigen sich dort nur noch die Überreste von Türmen und einem Brunnen, sonst nichts.

Ich gehe auch davon aus, dass, nachdem der Sohn Dietrich kinderlos verstorben war, das Sayn‘sche Erbe an die Nassauer Verwandten väterlicherseits gekommen ist. Als dann  Friedrich von Nassau aus Spanien zurückkehrte, hat er, wie ich annehme, nach den Mühen des Krieges, Ruhe und Muße suchend, im 10. Jahrhundert n.Chr. die jüngere Burg gegründet, von wo ein viel schönerer Blick auf die unterhalb liegenden Gebiete und den Rhein [möglich ist]. Dennoch wollte Friedrich wohl nicht jener Burg, sondern eher den rechts unterhalb [von ihr] gelegenen Gärten und Wiesen, wo er vielleicht gewöhnlich spazieren­ ging und sich erholte, den schönen Namen "Frieden" geben. Diese werden auch heute noch "Im Frieden“ genannt.

Ich habe noch keinen Beleg dafür gefunden, wann "Syne" in der deutschen Sprache "Friede" oder „Muße" bedeutet hätte. Ähnlich ist es, wenn man das [besitzanzeigende] Fürwort „sein“ aus dem kleinen Vers „Der sei nicht Untertan eines anderen Herren, der als sein [eigener Herr] leben kann“, auf Sayn [oder Leben in Sayn] bezieht. Sehr lange scheint man bestrebt gewesen zu sein, den Mann [Friedrich von Nassau], der seine Jugend dem [Kriegsgott] Mars geopfert hatte, [für militärische Unternehmungen] zu gewinnen, ohne seinen Scharfsinn zu kennen.

Der Autor der Genealogie Dietburgas benennt diese mit dem heute noch bei uns gebrauchten Titel „Gräfin“. Aber ich traue ihm nicht ganz, denn ich finde ihn großzügig im Verteilen dieses Titels.[20]  Dennoch, ob es sich um Grafen oder nur um Herren von ritterlichem Stand handelte, sie waren  auf jeden Fall die Herren der ersten Burg, und von ihnen kam der Sayner Besitz an die Nassauer. Er blühte auf, und nachdem Heinrich III., der den Beinamen „der Große" trägt, 1246 ohne Nachkommen gestorben war, kam die Herrschaft über seine Schwester Adelheid, die mit Johann von Sponheim verheiratet war, an eine andere Familie, nämlich die der Grafen von Sponheim.

Unter diesen blühte [die Grafschaft Sayn) über 300 Jahre lang, bis schließlich die edle Familie, zu der die fatale Häresie Luthers durch dessen Anhänger gelangte, im Jahre 1606 mit dem Tode Graf Heinrichs [IV.] erlosch. Dieser hatte zuvor in der Hoffnung auf Nachkommenschaft die [in seiner Familie erbliche] Kölner Domvogtei und zugleich auch den [alten katholischen] Glauben aufgegeben. [Weil der Graf aber ohne Nachkommen starb,] erhob Kurfürst Lothar von Trier Anspruch auf Burg Sayn, die er [schon] vorher als quasi „offenes Lehen“ bezeichnete, besetzte sie und nahm sie in dauernden Besitz. Die nachgeborenen männlichen Verwandten widersetzten sich jedoch. Nachdem Elisabeth, [die Nichte Graf Heinrichs,] von Salentin von Wittgenstein als Erbe geehelicht worden war, verliehen diesem die übrigen [Familienmitglieder] den Titel der Wittgensteiner Grafen und versuchten, für ihn die Nachfolge auf diesen Heinrich durchzusetzen, bis unter dem Trierer Erzbischof Karl Kaspar der Streit beigelegt und der alte Grafensitz gänzlich in den Rechtsbereich von Trier eingegliedert wurde.


[13] Tacitus, Germania 1,1: Der Rhein bildete die Grenze zu den Galliern (heute: Franzosen und Belgiern), die Donau zu den Raetiern (Oberbayern und Österreich) sowie zu den Pannoniern (heute: Ungarn).
[14] Die Sarmaten waren ein persisches Nomadenvolk in der südrussischen Steppe. Die Daker wohnten nördlich der unteren Donau, ungefähr im Raum des heutigen Rumäniens.
[15] Im heutigen Schlosspark.
[16] Janus Deusa der Jüngere (1572-1597) in „ Bataviae Hollandiaeque annales“
[17] JohannesTextor (1582-1626), lt. Wikisource, Aufruf vom 15.03.2020
[18] Die hier folgende  Stelle ist in den lateinischen Text von Reiffenberg in deutscher Sprache aufgenommen worden.
[19] Lymnaeus, Johannes (1592-1663) lt. Johann Heinrich Zedler: „Grosses vollständiges Universal-Lexicon“, 1731-1754, S. 1262f.
[20] Ebenso geht der Verfasser bei Florentius Bertholdus vor: Er nennt ihn, dessen Tochter Frau des Herzogs von Geldern wurde, Herr und Graf von Mecheln, obwohl er ein Kaufmann, immerhin ein sehr reicher, war (S. 68).


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