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Das Staffeler Kreuz

Ein Steinkreuz erinnert daran, wie der Tod Dietrichs von Staffel 1371 gesühnt wurde:

Ungefähr 200 Doppelschritt [= 300m jenseits dieser Georgskapelle bewahrt ein Steinkreuz[43] an einer Wegkreuzung mit dem Wappenschild der Familie Staffel die Erinnerung an Dietrich von Staffel:

Wie eine einst im Kloster Rommersdorf gefundene Handschrift berichtet, war Dietrich im Jahre 1371 an einer scheinbar leichten Wunde gestorben:

Sein Feind, Breder von Hiresbach, Hauptmann der Stadt Limburg an der Lahn, war eilends auf dem Wege zu einer Hochzeitsfeier in Isenburg und begegnete dabei Dietrich bei Engers; er wurde von Dietrich in die Flucht geschlagen; dabei hatte das Schwert eines ergriffenen Feindes Dietrich oberhalb des Auges getroffen.

Dietrichs Freunde und Blutsverwandte wollten dessen Tod rächen und bekämpften deswegen in einem schweren Krieg die Stadt Limburg, bis sie mit den Bedingungen, die die folgende Urkunde zur Kenntnis gibt, ein Abkommen trafen und Frieden schlossen: „Wir, Hermann Breder, Cuno Schultheis .von Limburg und Zacharias von Hergisbach thuen Kund allen läuden, dass der Ehrwürdige Unser Gnädige Herr, Hr. Cuno Ertzbischoff zu Trier, beredt, begriffen und gäntzlich gamacht hat eine gantze, stete, vest süne zwischen Unss, allen unsern helfferen und dieneren, und wer mit dem nachgeschriebenem geschichte, Viendtschafft und Krieg mit fehde oder ohne fehde Von Unsertwegen befangen wass, uff eine syten, Und Herr Johann und Herr Fridrich von Stein rittere und Henrich Füren gebrüderen von Catzenelnbogen, Markolff Kesselhuht dem Aelteren und Markolff Kesselhuht dem Jüngern, seinen sohn von Katzenelnbogen, allen Ihren helfferen und Dieneren und wer mit dem nachgeschriebenen geschicht feindschafft oder Krieg mit fehde oder ohne fehde Von Ihretwegen befangen wass, und Vor alle gebehren und ungebehren uff die andere syte alss von geschichte das von beiden partheyen geschag, uff dem feldt zwischen Heimbach und Bendorff, da Diederich von Staffel Todt verbliebe, und von deme, das Diederich ehegemeldt daselbst todt verbliebe, von worthen, schreiben, Krigen, gefängniss, misselung, mit allen anderen sachen, die darvon und darnach ufferstanden seindt, in einiger handt weisse, und ist die süne beredt und bedingt in diesser nachgeschriebener weisse. Zum ersten sollen wir den eheganannten todten besseren mit bidefahrten und barfüss zu gehen und Kertzen, alss man mit solchen sachen Todten pfleget zu besseren[44], forth sollen wir ein steineren Creutz thuen machen, und mit drey greden, und darauff das Creutz von zehen füessen, und auff beyden seithen mit Diederichs ehegemeltem wapen daran gehawen, und sollen das creutz setzen uff die Statt, wo Diederichs seelige wund verbliebe, auch sollen wir zum Arnnstein im Closter, da der Ehegenandt Diederich begraben ligth, eine Ewige misse und eine Ewige ampell schaffen und bestellen, und auch zwölff hundert pund wachs geben vor diesen Diederichs seelige Seel, und sollen wir die süne thuen in aller maassen, alss Todten zu besseren recht und gewonheit ist; forth soll unser jeglicher lossledigman werden mit uff zu geben Wilhelms von Staffell Bruders witwe Diederichs ehemeldt, undt unsser jeglicher solle einem von dem schildt gebohren zu Ihme in derselben Maass lossledigman machen; forth wan von Diederichs seel. Freunden ahn unss gesonnen wird, dass wir drey Jahr ausser landt seyn sollen,[45]undt auch dass wir unser lebetag etzliche des ehegenandten Diederichs freunde, die wir zu den Ehren geschädiget hätten, verlobeten  (= gelobten) und versprechen, und wir Uns darwieder setzen, und uns des weigerten, so ist geredt, dass die zwene articulen stehen sollen ahn unseren Herrn von Trier, und wass derselbe unser Herr davon machet oder stelleth, dass soll beyden partheyen wohl genügen, und all solchen Briff, alls wir uff etzliche Diederichs freunde, die zu der Zeit uff dem feldt wahren, geschrieben han, sollen wir wieder schreiben ahn alle stede, da wir geschrieben hatten, und soll dogh ahn unseren Herrn von Trier stahen, in welcher formen und maniren dieselbe wiederschriffts Briff stehen und luden sollen, auch sollen alle gefangene von beyden partheyen loss und ledig seyn; und solle auff alle Brandtschatzunge und unbezahlt geldt, das von Brandschatzungen oder gefängnis rühret, von beyden patheyen gäntzlich seyn verziehen, und hieruff syn wir alle Unsere Helffer und Diener undt wer mit dem obgenandten geschichte, feindschafft und Krieg mit fehde oder ohne fehde von Unsertwegen befangen wass, mit den Vorgenandten Herrn Johan und Friderichen Vome Stein Ritteren gebrüderen, Herrn Johan Ritteren und Wierigh Von Langenawe gebrüderen, Herrn Johan Füren, Ritteren, und HenrichFüren gebrüderen von Catzenelnbogen, Markolff Kesselhuht dem Alten und Markolff Kesselhuht dem Jungen seinem Sohn von Catzenelnbogen, allen Ihren helfferen und Dieneren, und wer mit ehegemeldtem geschichte, feindschafft undt Krieg mit fehde oder ohne fehde ihretwegen befangen wahre, von allen vorgeschriebenen sachen gantzlich gepflichteth und gesünet; und dan auch alle undt Unser Jeglicher uff sie luderlich undt zumahl  verzigen, undt dan auch Unseres ehegemeldten Herr Hände von Trier in gutem trauen versichert und gelobt diesse vorgeschriebene Süne steht und fest zu halten, Undt Nimmer darwieder zu kommen noch zu thuen in einiger handt weisse, ausgescheiden alle arglist und gefehrde in allen vorgeschrieben stüken und jeglichen, dessen zu urkundt han wir unser Insigell ahn diessen Briff gehangen; zu mehrerer sicherheit han wir gebetten und bitten an diessem Briff den Ehrwürdigen Unseren lieben Gnädigen Herren Herrn Cunen Ertzbischoffen zu Trier und den Edelen unseren lieben Junkeren Johan Herrn zu Limburg, dass sie Ihre Insigell bei unsere zu gezeuge ahn diessen Briff willen thuen henken. Undt wir Cuno von Gottes Gnaden Ertzbischoff zu Trier, des heiligen Römischen reichs durch Welschlandt Ertz-Cantzler, und Johan Herr zum Limburgh bekennen, dass wir zu Bede der Obgedachten Herman Breders, Cunen schultheissen undt Zacharaias Unser Insigelen bey die ihre zu gezeuge ahn diessen Briff dan thuen henken. Gegeben zu Coblentz, da Mann zahlt nach Christus geburth dreyzehenhundert undt achtzig jahr uff den sechsten Tag des Mondes, genandt Julius zu latein.“

Bei dieser Friedensstiftung begegnen einem aber zwei besonders bemerkenswerte Notizen: erstens jene damals gebräuchliche zeitbezogene Buße bzw. Sühne eines Mordes und zweitens die Verpflichtung, auf Grund deren Hermann Breder und seine Gefährten versprechen „daß sie ... sollen“, d.h. (und nicht anders nämlich, glaube ich, dass man diese Worte interpretieren kann) dass sie 'Ledigmannen' [d.h. Vasallen] der Familie Staffel sein und darauf hinwirken werden, dass die anderen [es auch] werden.

Seitdem kann man nämlich zum ersten Male hinreichend sicher feststellen und ist es für jene Zeit verbürgt, dass der oberste Herr von Rechts wegen sogar vom Lehenseid ausgenommen ist; [gemeint ist der Lehenseid,] 'Ledigmann' gemäß dem Lehensrecht irgendeinem Untergebenen gegen jedweden.' geleistet worden ist.

Wer nämlich möchte glauben, dass damals der Kurfürst von Trier wie der Herr von Limburg versprechen würden, dass Breder und die übrigen Vasallen und seine Untergebenen (wie es wenigstens der Stadtprätor Kuno gewesen ist) 'Ledigmannen' der Familie Staffel würden, wenn diese der Meinung gewesen wären, dass ihnen auch gegen sie der Lehenseid versprochen werde.

Zweitens bedeute 'Lidighman', wie Heinrich Rosenthall[46] und Kremp meinen, nicht dasselbe wie „sicher und zuverlässig gebunden“; und <deshalb> dürfe es <auch> nicht von dem Wort „leiden“ abgeleitet werden; vielmehr seien jene beiden <Begriffe> „lidigh“  und "ledigh" auf Grund der unterschiedlichen Aussprache verwandt worden, und nichts anderes hätten unsere Vorfahren mit diesen <Begriffen> aussagen wollen, als dass ein Mensch von jeglicher anderer Verpflichtung und Bindung, die ihn (daran) hindert, sich als 'Ledigmann' bekennen zu können, gleichsam frei und gelöst sei im Sinne dessen, wie wir heute noch als "ledig" und "loßledige Kerll" die bezeichnen, die ihr Leben bis dahin ehelos führen und daran gehindert werden, sich mit den Ehefesseln wegen eines irgendeiner <Frau> schon gegebenen Versprechens zu binden.

Wenn aber "ledigh" und "lidigh" dasselbe wie "ligius" und "ligatus" <d.h. "gebunden"> bezeichnen, dann bezeichnet das Wort „loß" dasselbe wie "solutus" <d.h. "gelöst"> und die widersprüchliche Verbindung hätte es für ihn in der vorangehenden Friedensstiftung nicht gegeben.

Im lfd. Jahr 1684 wollten wir den oberen Teil des von den Limburgern aufgestellten Kreuzes, der die Insignien trägt und der durch irgendeinen Zufall heruntergefallen war, an dem Pfahl wieder befestigen und den Pfahl selbst, der sich sehr zur Seite neigte, wiederaufrichten; die für diese Arbeit bestimmten Leute hatten schon den unteren Teil des Pfahles freigelegt; [dabei] wurde allerdings keine Spur von einem Sockel an dieser Stelle gefunden, obwohl doch die vorhergehende Urkunde drei Abstufungen erwähnt und die Reste eines Eisenhakens hinreichend zeigen, dass das Kreuz auf einen Sockel gestellt worden war. Ich ließ die Untersuchungen fortsetzen: In einer vom Erdreich befreiten Tiefe von 3 Fuß [90 cm],

ungefähr drei Fuß entfernt von der Stelle, wo der Schaft des Kreuzes gestanden hatte, fand man schließlich dort in der Mitte des Weges, der langsam und in einem fort von hier wegführt ,einen quadratischen Bruchsteinplatz23  von ungefähr –mit der Mitte- sechs Fuß <1,80 m> <im Quadrat>, der an der äußersten Ecke den Sockel des Kreuzes umgibt. Dieser quadratische Bruchsteinplatz legt die Vermutung nahe, dass unsere Vorfahren -da es nicht erlaubt war, ein Quadrat auf einen öffentlichen Weg hin zu erweitern- lieber die Grundsätze der Baukunst hintanstellen wollten als den Ort, wo Dietrich gefallen war, nicht genau zu bezeichnen.


[43] Dieses Kreuz stand in der Nähe der Kreuzung von Weiser Straße und Ritterweg. Das Wort „Ritter“ im Straßennamen erinnert an den Anlass, aus dem das Kreuz errichtet und das um die gleiche Zeit wie die Kapelle zerstört wurde.
[44] Solches Sühnen eines Verbrechens durch geistliche Bußen, z.B. Wallfahrt nach Rom, war damals nicht unüblich. Bußen nach dem Gebot der Kirche befreiten oft von weltlicher Strafe.
[45] Schon früh erscheint die Sitte, dass der König einen Verbrecher, der das Sühnegeld nicht bezahlte, ins Exil schickte. Wer es nicht bezahlen konnte, musste es häufig durch Dienstbarkeit abverdienen.
[46] Heinrich von Rosenthall ( +1625), deutscher Jurist.


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